Page 259 - CYC Chronik 2013
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 die Deutsche Klassenvereinigung in Berlin gegründet, 1976 erklärte der Deutsche Seglerverband das H-Boot zur Einheitsklasse. 1977 erhielt die Klasse internationalen Sta- tus. In diesem Jahr nahmen 42 H-Boote an der Kieler Woche, und zwar gleich in Form einer Europäischen Meis- terschaft, teil. Rekordtempo.
Die Wanderung der H-Boote ging von Nord nach Süd. Das Bayerische Meer wurde zunächst mehrere Jahre lang umkurvt. Diese Abstinenz ließ sich aber auf Dauer nicht durchhalten, dazu war die neue Klasse einfach zu attraktiv. Wer nun am Chiemsee – vermutlich 1977 – das erste H- Boot segelte, lässt sich den Quellen nicht ganz eindeutig entnehmen. Das könnte Herr Leicher gewesen sein oder auch Christl Berger. 1978 schließlich erschien die G 280 als erstes H-Boot im CYC. Der Ausgangspunkt für die ra- sche Verbreitung der H-Boote war jedenfalls Breitbrunn. Und dort siedelte auch Sepp Resch, der sowohl als aktiver Segler wie auch als Bootsverkäufer der Spiritus Rector der Flotten werden sollte.
Als das H-Boot nach Süddeutschland kam, war schwer einzuschätzen, wie es sich denn so im Binnenland bewäh- ren werde. Gebaut war es ja für die windreichere Ostsee. Auf den ersten Blick schien es also in Konkurrenz zu ähn- lich großen, damals noch recht schweren und trägen Dick- schiffen zu stehen. Im Regattabericht der Yacht über die erste Kieler Woche stand dann allerdings zu lesen: „Die Küchen- und Klo-Boote, wie die H-Boote von manchen un- bedarften Beobachtern bezeichnet werden, dürfen als echte Bereicherung der Kieler Woche gesehen werden.“ Und in der Chiemgau-Zeitung war 1980 zu lesen: “Das si- chere und sportlich schnelle Schiff erfüllt ideal seinen Zweck als Familien- und Regattaboot.“
Zu jener Zeit, also in den 70er und 80er Jahren, herrschten für die Segelei – wie auch für viele andere Frei- zeitaktivitäten – ideale Bedingungen. Die Nachfrage war groß, Worte wie Pillenknick, demografischer Wandel oder schwache Geburtenjahrgänge kannte man noch nicht. Die damals Interessierten hatten bei der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik genügend Einkommen, um sich „etwas leisten zu können“ und da Golf noch nicht zur Debatte stand, entschlossen sich viele zum Segeln. Man – das heißt der besser verdienende Mittelstand – kaufte Binnen gern sichere „Häuslschiffe“. Die Neptun, Sunbeam, Südkreuzer und wie sie alle hießen, hatten Kon-
Vinci Hoesch, Wolfgang Nothegger und Markus Daniel, H-Boot Weltmeister 1992.
 junktur. Aus ihnen kamen auch am Chiemsee die ersten Quereinsteiger in das H-Boot, während sich die Segelelite unverändert an Drachen, Star, Soling usw. orientierte.
Als die H-Boote im CYC anklopften, hatten sie es nicht leicht. Da waren doch bereits starke Klassen mit starken Klassen-Regatten etabliert. Für das Jahr 1977, als die ers- ten H-Boote am Chiemsee ankamen, zählt ein Bericht sie- ben Ranglisten-Regatten im CYC auf: Finn, KZV, Trias, FD und vor allem Soling, Star und Drachen. Es war also alles Andere als einfach, hier Platz zu finden. Die eingesessenen Klassen sahen, so wurde es mir zumindest erzählt, ein wenig mitleidig auf die Neuen. Das H-Boot war scheinbar nur ein weiterer unter vielen Kreuzern. Andererseits hatte man ja nun doch schon allerhand über diese wie eine Seu- che sich ausbreitende Klasse gehört. Am Ende siegte daher die Neugier.
Horst Badur, Gewinner der Harrasser Kanne 1996: Walter Schmid, Horst Badur, Ernst Winkler jun., Jens Han- sen und Volkmar Stecher.
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