Page 231 - CYC Chronik 2013
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Am 18. Juni 1991 haben wir ihn zu Grabe getragen, den Richard Schmid. Alle seine Seglerfreunde waren er- schienen, um ihn auf den letzten Kurs zu bringen, der kei- nen irdischen Zieldurchgang hat.
Ich stand in der trauernden Menge und meine Gedan- ken wanderten zurück in die Zeit, die ich mit ihm ver- brachte. Gleich, ob es Leichtathletik, Skifahren. Turnen oder Schwimmen war, er war bei Wettkämpfen stets in der Spit- zengruppe zu finden. Kein Wunder, dass ich, der Jüngere, so sein wollte wie er. So um 1930 rum fing er auch noch zu segeln an, Regatten segeln, versteht sich. Zuerst ver- suchte er es mit einer alten Jolle, dann aber ließ er sich vom Huber Hans, dem verstorbenen früheren Eigentümer unseres Clubareals, eine 20 qm Rennjolle, den „Attila“ bauen. Von diesem Boot ging eine gewaltige Ausstrahlung aus. Wer etwas auf sich hielt, der ließ sich einen 20er bauen. Das 20er-Fieber ergriff nicht nur das Gebiet von Harras, es befiel auch die Fraueninsel. In wenigen Jahren war eine stattliche Flotte von Z-Jollen am Chiemsee hei- misch. Hand in Hand mit dieser Entwicklung stieg die Mit- gliederzahl des CYC und vor allem die Regattentätigkeit. Die jeweiligen Chiemsee- Wochen im August waren ein echtes sportliches und gesellschaftliches Ereignis. Richard Schmid hatte hieran den wesentlichsten Anteil. Ich profi- tierte von dieser Entwicklung auch, denn ich gehörte zur Mannschaft des „Attila „. Neben dem Vorstandsmitglied Schmid durfte ich den Schriftführer des CYC machen.
Der Zweite Weltkrieg brach aus und für die nächsten sechs Jahre war Segelpause. Als alles aus war und wir uns zum ersten Mal wieder trafen, haben wir uns nicht einmal die Hand gegeben, wir taten so, als ob es die sechs Jahre nicht gegeben hat. Richard war bemüht, dem CYC wieder auf die Beine zu helfen. Die erste Mitgliederversammlung fand 1946 im Schlosshotel Herrenchiemsee statt. Die Mit- glieder wählten Dr. Stickler zum Vorsitzenden und den Ri- chard Schmid zu einem Vorstandsmitglied. Nach Dr. Stick- ler folgte Eberhard Hoesch als Vorsitzender. Seiner Dyna- mik war es zu verdanken, dass der Club seine Entwicklung nach oben beschleunigt fortsetzte. Die rechte Hand von
Eberhard Hoesch war Richard Schmid. Er und ich trafen uns fortan täglich, weil ich mich als Clubsekretär beteiligen durfte. Der frühe Tod von Hoesch war ein harter Schlag für den Club, aber auch für uns beide persönlich. Unter den folgenden Präsidenten blieb Richard Schmid stets ein un- entbehrliches Vorstandsmitglied. Er war längst zum we- sentlichen Bestandteil des Clubs geworden. Ohne ihn hätte ich nicht Präsident sein mögen.
Als er das Regattensegeln aufgab, widmete er sich mit seiner ganzen Kraft der Regattenorganisation. Als Wett- fahrtleiter genoss er die Achtung aller aktiven Segler. Ri- chard Schmid erhielt das Goldene Ehrenzeichen. Wenn es eines gegeben hätte mit Brillanten, man hätte es ihm ver- leihen müssen. Die Mitglieder haben ihm die Ehrenmit- gliedschaft verliehen. Richard Schmid hat sich um den Chiemsee Yacht Club verdient gemacht.
Ich bin vom Friedhof heimgegangen, nicht so sehr mit dem Gefühl unendlicher Trauer, denn niemandem ist das ewige Leben geschenkt, nein, ich habe ein glückhaftes Ge- fühl von Dankbarkeit bei der Erinnerung an ihn empfunden. Wenn ich in Zukunft die schönen Stunden in meinem Leben zähle, und wer tut das nicht in meinem Alter, dann hat der Richard reichen Anteil an ihnen. Wenn er diese Zei- len lesen könnte, dann würde er abwinken: „Jetzt derfst aufhörn.“
Und das tu ich auch. Servus Richard Dein Paulus
1913
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