Page 145 - CYC Chronik 2013
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 dem Start entgegenfiebern. Von der frühreifen Pop-Ju- gend, deren Haartracht oft einen ausgezeichneten Boots- schwabbel abgeben würde, bis zum ehrwürdigen Greis mit wettergegerbten Gesichtszügen konzentriert sich nun alles auf die günstigste Startposition. Die Stille, denn es herrscht zwar eitel Sonnenschein, aber fast totale Flaute, wird nur unterbrochen vom Knarren der Winschen und vom gele- gentlichen Schnalzen der Bierflaschenverschlüsse und Sektkorken, an dem man die alten Hasen erkennen kann, die ihrer moralischen Überlegenheit auf diese Weise Aus- druck verleihen.
Der Kurs zur ersten Tonne ist natürlich ein Anlieger, und das dortige Raumgebrüll treibt sogar die letzten amerika- nischen Ignoranten der Chiemsee Recreation Area in Ber- nau ans Ufer. „Xenophon“ und „Argo V“ haben sich mit ihren riesigen Vorsegeln bereits aus dem Feld herausge- zogen und an die Spitze gesetzt. Bis zum Abend wird ver- bissen um jeden Meter gekämpft, und nur widerwillig nimmt der Skipper die von holder Damenhand gereichten Brathendl-Haxen, um ja keinen Windschraler zu übersehen. Der erste Wendepunkt, an dem jeweils Segelnummer und Zeit registriert werden, liegt am Achenzipfel, den mit Ein- bruch der Dunkelheit auch die letzten Boote erreicht haben.
Eine über der Kampenwand sich drohend auftürmende Gewitterwand bringt glücklicherweise nur Blitze und Wind, aber keinen Regen. Eingedenk der berüchtigten Chiem- see-Gewitter und angesichts der nun fast völligen Dunkel- heit wird es spätestens jetzt einigen Neulingen etwas mul- mig ums Herz. Der nächste Wendepunkt bei Seebruck ist raumschots bald erreicht. So mancher Skipper zögert, ob er bei den drei bis vier Windstärken aus West den Spinna- ker setzen soll, kann doch der Wind jeden Augenblick stär- ker werden. Nun geht es wieder zum Wendepunkt Harras, diesmal rechts an den Inseln vorbei, durch den sogenann- ten Kanal. Einige Revierkenntnis ist hier fast unerlässlich. Die inzwischen wieder in Führung gegangene „Argo V“ läuft hier trotz aller Revierkenntnis auf Schiet. Die Mann- schaft muss in vollen Klamotten ins Wasser. In wenigen Mi-
Die Quartas „Gustav Gans“ vom Tegernsee.
1969
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